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Lesen Sie den Text von Kurt Tucholsky:

Die Kunst, falsch zu reisen

Wenn du reisen willst, verlange von der Gegend, in die du reist, alles: schöne Natur, den Komfort der Großstadt, kunstgeschichtliche Altertümer, billige Preise, Meer, Gebirge - also: vorn die Ostsee und hinten die Leipziger Straße. Ist das nicht vorhanden, dann schimpfe.

Wenn du reist, nimm um Gottes willen keine Rücksicht auf deine Mitreisenden. Du hast bezahlt - die anderen fahren alle umsonst. Bedenke, dass es von ungeheurer Wichtigkeit ist, ob du einen Fensterplatz hast oder nicht. Sei überhaupt unliebenswürdig - daran erkennt man den Mann.

Bist du im Hotel angekommen, so schreib deinen Namen mit allen Titeln ein. Hast du keinen Titel...Verzeihung...ich meine: wenn einer keinen Titel hat, dann erfinde er sich einen. Schreib nicht: ``Kaufmann'', schreib: ``Generaldirektor''. Das hebt sehr. Geh so dann unter heftigem Türenschlagen in dein Zimmer, reinige deine staubigen Stiefel mit dem Handtuch, wirf ein Glas entzwei und begib dich sodann auf die Wanderung durch die fremde Stadt.

In der fremden Stadt musst du zuerst einmal alles genauso haben wollen, wie es bei dir zu Hause ist - hat die Stadt das nicht, dann taugt sie nichts. Die Leute müssen also rechts fahren, dasselbe Telefon haben wie du und dieselbe Anordnung der Speisekarte...Im übrigen sieh dir nur die Sehenswürdigkeiten an, die im Reiseführer stehen. Bei Spaziergängen durch fremde Städte trägt man am besten kurze Gebirgshose, einen kleinen grünen Hut, schwere Nagelschuhe (für Museen sehr geeignet), und einen derben Knotenstock...

Vergiss dabei nie die Hauptregel jeder gesunden Reise: ärgere dich! Sprich mit deiner Frau nur von den kleinen Sorgen des Alltags. Koch noch einmal allen Kummer auf, den du zu Hause im Büro gehabt hast, vergiss überhaupt nie, dass du einen Beruf hast.

Das Grundgesetz jeder richtigen Reise ist: es muss was los sein - und du musst etwas ``vorhaben''. Sonst ist die Reise keine Reise. Jede Ausspannung von Beruf und Arbeit besteht darin, dass man sich ein genaues Programm macht, es aber nicht innehält - hast du es nicht innegehalten, gib deiner Frau die Schuld. Mach überhaupt mit deiner Frau Krach.

Verlang überall ländliche Stille; ist sie da, schimpfe, dass nichts los ist.

Durcheile die fremden Städte und Dörfer - wenn dir die Zunge nicht herausfällt, hast du falsch disponiert; außerdem ist der Zug, den du noch erreichen musst, wichtiger als eine stille Abendstunde. Stille Abendstunden sind Mumpitz; dazu reist man nicht.

Mit den lächerlichen Einheimischen sprich auf alle Fälle gleich von Politik, Religion und dem Krieg. Halte mit deiner Meinung nicht hinterm Berg, sag alles frei heraus! Sprich laut, damit man dich hört - viele fremde Völker sind ohnehin schwerhörig. Wenn du dich amüsierst, dann lach, aber so laut, dass sich die anderen ärgern, die in ihrer Dummheit nicht wissen, worüber du lachst. Sprichst du fremde Sprachen nicht sehr gut, dann schrei: man versteht dich dann besser.

Handele. Schimpfe. Ärgere dich. Und mach Betrieb.


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ЯГПУ, Отдел образовательных информационных технологий
06.01.2010