a) Ernst Jandl
lichtung
manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht
velwechsern
werch ein illtum
b) Max Frisch : Erinnerungen an Brecht
Wie ich Brecht im November 1947, wenige Tage nach seinem Eintreffen in Europa, zum ersten Mal gesehen habe: in der kleinen bücherreichen Wohnung von Kurt Hirschfeld, Dramaturg des Zürcher Schauspielhauses, das drei Brecht-Stücke in deutscher Sprache uraufgeführt hat. Brecht saß da, wie man ihn von raren Fotos kannte, auf der Bank ganz in der Ecke: grau, still, schmal, etwas verkrochen, ein Mann in der Fremde, die seine Sprache spricht. Er schien froh um die Wände an seinen Schultern links und rechts. Ein Bericht über die ,,Hearings``, die Brecht gerade hinter sich hatte, wurde abgebrochen, als ich dazukam. Ich war damals 36, Architekt. Da er Zürich nicht kannte, zeigte ich ihm den Weg hinunter zum Stadelhofen. Die Stadt, wo er sich auf unbestimmte Zeit niederzulassen gedachte, beachtete er mit keinem Blick. Ich berichtete ihm von Deutschland, soweit ich es von Reisen kannte, vom zerstörten Berlin. ,,Vielleicht kommen Sie auch einmal in diese interessante Lage``, sagte Brecht auf dem Bahnsteig, ,,da Ihnen jemand von Ihrem Vaterland berichtet und Sie hören zu, als berichtete man Ihnen von einer Gegend in Afrika.``
c) Maxim Gorski : Gebrauchsanweisung für Deutschland
Sie haben sich also entschlossen, nach Deutschland zu reisen. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Mut, zu Ihrem Abenteuergeist und zu Ihrer Geduld. All diese Eigenschaften werden Sie brauchen, und Sie können von Glück sagen, da Erfahrung, Geschichte und vielleicht auch Gene uns Russen damit reichlich ausgestattet haben.
Sobald Sie mit Ihren Reisevorbereitungen begonnen haben, werden Sie nämlich feststellen, da es offenkundig einfacher ist, ins Himmelreich zu gelangen als nach Berlin, München oder Hamburg.
Denn in ersterem Fall genügt ein gottgefälliges Leben, und dies ist augenscheinlich leichter nachzuweisen als die für eine Fahrt nach Deutschland erforderlichen Papiere und Dokumente. Man kann nur hoffen, da die Tore zum Paradies wirklich vom heiligen Petrus und nicht von deutschen Konsularbeamten bewacht werden. In diesem Fall wäre es nämlich ziemlich leer im Himmel. (S. 11)
d) Johann Wolfgang von Goethe: Dichtung und Wahrheit
Am 28. August 1749, mittags mit dem Glockenschlage zwölf, kam ich in Frankfurt am Main auf die Welt. Die Konstellation war glücklich; die Sonne stand im Zeichen der Jungfrau und kulminierte für den Tag; Jupiter und Venus blickten sie freundlich an, Merkur nicht widerwärtig; Saturn und Mars verhielten sich gleichgültig; nur der Mond, der soeben voll ward, übte die Kraft seines Gegenscheins um so mehr, als zugleich seine Planetenstunde eingetreten war. Er widersetzte sich daher meiner Geburt, die nicht eher erfolgen konnte, als bis diese Stunde vorübergegangen.
Diese guten Aspekten, welche mir die Astrologen in der Folgezeit sehr hoch anzurechnen wuten, mögen wohl Ursache an meiner Erhaltung gewesen sein: denn durch Ungeschicklichkeit der Hebamme kam ich für tot auf die Welt, und nur durch vielfache Bemühungen brachte man es dahin, da ich das Licht erblickte.